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Fachtagung: Das wird man doch noch sagen dürfen!

Vom Meinen und (Ver)Urteilen: Ende der Meinungsfreiheit oder Anfang der Debatte?

Collage aus drei Fotos: Zwei Gerichtsgebäude im Sonnenschein, von einem sieht man einen Innenhof und als drittes Bild ein Buntglasfenster mit der Justitia

4. Bremer Gespräche zum Rechtsstaat in Berlin

Wer eine Meinung öffentlich äußert, die andere nicht teilen, hat es derzeit nicht leicht. In aufgeregten Auseinandersetzungen scheint die Meinung an sich noch provozierender als ihr Anlass. Die geäußerte Meinung stellt für zunehmend mehr Menschen keinen Diskursbeitrag mehr dar, sondern schlicht eine Provokation, die mitunter sogar blanken Hass erzeugt.

Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Meinungsfreiheit und -vielfalt? Über diese und weitere Fragen wollen wir mit Ihnen am 14. und 15. September 2023 im Rahmen der 4. Bremer Gespräche zum Rechtsstaat in der Landesvertretung Bremen diskutieren.

Ohne Zweifel: unsere Debattenkultur zeigt Symptome der Krise. Während einige sich in der Meinungsdiktatur eines „woken Mainstreams“ wähnen, in der vermeintlich missliebige Meinungen als „gecancelt“, also unterdrückt und sozusagen als „unsagbar“ markiert sind, glauben andere, dass es dringend der zivilgesellschaftlichen und auch staatlichen Intervention bedarf, um Meinungsfreiheit überhaupt erst zu gewährleisten. Einem Klima der Einschüchterung und Demagogie gelte es entschieden entgegenzutreten. An die Stelle der Meinungsfreiheit als einem für alle zugänglichen „Markplatz der Ideen“, so scheint es, treten Echokammern und Filterblasen. Statt breit angelegt, frei und im rationalen Diskurs miteinander um die beste Idee zu ringen, treffen zunehmend unversöhnliche Gruppen mit ihren Überzeugungen und Interessen aufeinander. Stammeskampf statt Meinungsbildung.

Zugleich ist die Infrastruktur der öffentlichen Meinungsbildung einem radikalen Wandel unterworfen. Der Debattenplatz verlagert sich zunehmend ins Digitale. Neben den etablierten Medien werden die Einzelnen Teile der Meinungsbildung – und dies in Echtzeit. Während Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG seit 1949 unverändert postuliert, dass jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern, stellt sich in Abwandlung des berühmten Böckenförde-Diktums zunehmend die Frage, ob die Meinungsfreiheit noch auf Voraussetzungen aufbauen kann, die sie selbst nicht zu garantieren vermag.

- Wie steht es um das soziale Kapital, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die sachlich-technische Infrastruktur, auf welcher die öffentliche Meinungsbildung gründet?

- Bedarf es im Zeitalter von Digitalisierung, Globalisierung und zunehmender Polarisierung eines neuen Rechtsrahmens der Meinungsbildung?

- Bedingt der polarisierende Meinungskampf eine neue Rolle der Sicherheitsbehörden?

- Kann die geeignete Infrastruktur der öffentlichen Meinungsbildung noch auf nationaler Ebene gefunden werden?

- Bietet das Internet die Chance zur Demokratisierung abseits der „einordnenden, etablierten Medien“, oder begünstigt es nicht gerade die Abschottung von „anderen“ Meinungen und Sichtweisen?

Als Brennglas der gesellschaftlichen Entwicklung erscheint abermals der Justizvollzug. Wenn es zutreffend ist, dass die öffentliche Meinungsbildung sich zunehmend ins Digitale verlagert und die gesellschaftlichen Fronten sich verhärten: Wie gelingt öffentliche Meinungsbildung hinter Gittern? Entspricht es noch dem Grundsatz, das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzupassen, wenn Gefangenen der Zugang zum Internet verwehrt bleibt? Wie steht es um das Verhältnis von Meinungs- und Pressefreiheit zu Resozialisierungsauftrag und Gefahrenabwehr?

Diesen und weiteren drängenden Fragen möchten wir uns bei den vierten Bremer Gesprächen zum Rechtsstaat – in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit dem Zentrum für Europäische Rechtspolitik der Universität Bremen – unter dem Titel „Das wird man doch noch sagen dürfen! Vom Meinen und (Ver)Urteilen: Ende der Meinungsfreiheit oder Anfang der Debatte“ widmen.

Programm am Donnerstag, 14. September 2023

09:30 Uhr Ankunft der Gäste und Vortragenden

10:00 Uhr Begrüßung
• Dr. Claudia Schilling
Senatorin für Justiz und Verfassung sowie Wissenschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen

10:10: Uhr Grußwort
• Prof. Dr. Pia Annika Lange, LL.M. (UCT)
Direktorin des Zentrums für Europäische Rechtspolitik
(ZERP) der Universität Bremen

10:30 Uhr Vortrag und Diskussion
"Die Kommunikationsfreiheiten im digitalen Zeitalter“
• Prof. Dr. Andreas L. Paulus
Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D.,
Lehrstuhl für öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht, Georg-August-Universität Göttingen

11:15 Uhr Kaffeepause

11:45 Uhr Vortrag und Diskussion
"Die Regulierung sozialer Netzwerke:
zwischen national und international, öffentlich und privat"
• Prof. Dr. Lars Viellechner, LL.M. (Yale)
Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, Verfassungstheorie, Rechtsphilosophie und Transnationales Recht, Universität Bremen

12:30 Uhr Mittagspause

13:30 Uhr Impulsreferat und Diskussion
„Schweigen, 'Scholzing', Überspitzung - Äußerungspflichten und Grenzen der Äußerungsrechte von Abgeordneten und Regierungsmitgliederun und ihre Auswirkungen auf den Meinungspluralismus“
• Philipp Amthor
Mitglied des Bundestages,
Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat

14:30 Uhr Kaffeepause

15:00 Uhr Vortrag und Diskussion
„Verfassungsfeindlich, aber nicht verboten - Meinungsfreiheit als Sicherheitsrisiko"
• Prof. Dr. Tristan Barczak,LL.M.
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und das Recht der neuen Technologien, Universität Passau

15:45 Uhr Kaffeepause

16:15 Uhr Vortrag und Diskussion
„Politisches Targeting, Echokammern, Filterblasen: Freiheit der Meinungsbildung durch Datenschutz“
• Meike Kamp
Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit

17:00 Uhr Vortrag und Diskussion
"Die bundespolitische Perspektive"
• Sonja Eichwede
Mitglied des Deutschen Bundestages
Rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion

17:30 Uhr Ende des ersten Fachtages

18:00 Uhr Abendempfang

Programm am Freitag, 15. September 2023

09:30 Uhr Ankunft der Gäste und Vortragenden

10:00 Uhr Impulsreferat und Diskussion
„Grundrechte und Justizvollzug – Vom Sonderrechtsverhältnis zum Breitbandanschluss?“
• Friedrich Straetmanns
Staatssekretär für Justiz, Gleichstellung und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern
Mitglied des Deutschen Bundestages a.D. und Richter am Sozialgericht

10:30 Uhr Vortrag und Diskussion
„Meinungs- und Pressefreiheit hinter Gittern – Möglichkeiten und Grenzen am Beispiel der unzensierten Gefangenenzeitung „Der Lichtblick“, die seit 1968 von Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Tegel herausgegeben wird – Ein Erfahrungsbericht“
• Martin Riemer
Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel

11:00 Uhr Kaffeepause

11:30 Uhr Vortrag und Diskussion
„Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Meinungsfreiheit und Justizvollzug“
• Dr. Anne-Sophie Ritter
Richterin am Verwaltungsgericht,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht

12:30 Uhr Ausklang

13:30 Uhr Ende der Veranstaltung

Das komplette Programm als PDF-Download (pdf, 250.4 KB)

Anmeldung zur Teilnahme an der Fachtagung
„Das wird man doch noch sagen dürfen! - Vom Meinen und (Ver)Urteilen"
am 14. und 15. September 2023
in der Vertretung des Landes Bremen in Berlin

Vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Fachtagung. Die Teilnahme
ist kostenlos – aufgrund der begrenzten Platzzahl und um uns die Planung zu vereinfachen,
bitten wir Sie, uns dieses Anmeldeformular (pdf, 138.1 KB) bis zum 30.6.2023 entweder postalisch oder per
E-Mail zurückzusenden.
Sie erhalten im Anschluss eine schriftliche Anmeldebestätigung.

Die Daten werden selbstverständlich ausschließlich zum Zweck der Veranstaltungsverwaltung erhoben und genutzt. Eine
Übermittlung an Dritte erfolgt nicht

Die Fachtagung findet am 14. und 15. September 2023 in der

Bremer Landesvertretung in Berlin
Hiroshimastraße 24
10785 Berlin statt.

Unser "Stückchen Bremen in Berlin" liegt im Tiergartenviertel, umgeben von internationalen Botschaften.
Die Hiroshimastraße zweigt von der Tiergartenstraße und vom Reichpietschufer ab.

Öffentliche Verkehrsmittel:
Buslinie M 29 – Haltestelle Hiroshimasteg
Buslinien 100, 187 – Haltestelle Lützowplatz
Buslinie 200 – Haltestelle Tiergarten

Vom Hauptbahnhof
Buslinie M 85 (Richtung Lichterfelde) bis Potsdamer Brücke,
weiter mit Buslinie M 29 (Richtung Grunewald, Roseneck)

Vom Flughafen Berlin Brandenburg "Willy Brandt"(BER)
S 45 bis Südkreuz, weiter mit S 25 bis Anhalter Bahnhof,
von dort Buslinie M29 (Richtung Grunewald, Roseneck)

Parkmöglichkeiten stehen in der Umgebung leider nicht zur Verfügung. In sehr begrenzen Umfang stehen PKW-Stellplätze in unserer Tiefgarage zur Verfügung.
Abstellplatz für PKW in unserer Tiefgarage: 6 €/Tag

Nähere Informationen über den Tagungsort (Karte) finden sich hier: Bremer Landesvertretung in Berlin

Ein mögliches Hotel in der Nähe wäre das
Hotel Berlin
Lützowplatz 17
10785 Berlin